Geschichte der Tennisanlage
Der Familienverein - in Feldafing am Starnberger See
Geschichte der Tennisanlage
Der aus einer Bielefelder Druckereifamilie stammende Georg Siedhoff (1894 – 1977) war ein Lebemann und eine schillernde Figur in der Tenniswelt. Der lange Jahre in der deutschen Rangliste geführte Tennisspieler gewann viele nationale und internationale Preise. Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg studierte er zunächst Kunstgeschichte, bevor er sich ganz dem weißen Sport widmete.
Nachdem Siedhoff mit 38 Jahren die lebenslustige 16 Jahre jüngere Annalie von Alvensleben geheiratet hatte, war sein größter Wunsch, sich nach seiner aktiven Tenniskarriere im Sommer 1933 als freier Tennislehrer in Feldafing selbständig zu machen. „Bino‘“, wie Georg Siedhoff von seinen Freunden genannt wurde, erschien Feldafing als der geeignete Ort für sein Projekt, denn damals entwickelte sich Tennis zu einem exklusiven Sport der Oberschicht.
Wie seine erste Ehefrau Annali von Alvensleben in ihrer Autobiografie erzählt, pachtete Siedhoff eine größere Wiese an der heutigen Seestraße und begann dort, zusammen mit einem Arbeiter und großer Ausdauer, Tennisplätze anzulegen. Das junge Ehepaar wohnte sehr bescheiden in einem Fischerhaus in der Nähe der Tennisplätze. Da die finanziellen Mittel Georg Siedhoffs beschränkt waren, drohte das ambitionierte Projekt eines elitären Tennisclubs zu scheitern. Jedoch spielte der Zufall eine entscheidende Rolle, als Georg Siedhoff gerade dabei war, mit seinem Arbeiter die Spielflächen zu planieren.
Ein zunächst Unbekannter kam den Weg vom See entlang, sah beschaulich in die Landschaft und erblickte den arbeitenden Siedhoff. Der Mann hielt inne, stutzte und die beiden schauten sich ins Gesicht. Sie stellten mit großer Überraschung fest, dass sie sich von gemeinsamen Erlebnissen an der Front kannten. Die Freude war groß und Siedhoff erzählte dem Freund sogleich von seinem Vorhaben, hier an dem wunderbaren Ort einen eigenen Tennisclub aufbauen zu wollen. Er zeigte auf die momentan zum Verkauf stehende „Villa Rosa“ und schwärmte dabei vom Kauf dieser Villa, die sein geplantes Unternehmen zu einem krönenden Abschluss bringen würde.
Bei dem vermeintlich Unbekannten handelte es sich um den Kriegskameraden Dr. Ewald Gast, ein vermögender Mann, der die Tangermünder Schokoladenfabriken besaß. Er legte Siedhoff die Hand auf die Schulter und sagte zu ihm: „Wenn das Haus zu kaufen ist, dann kaufe ich es und überlasse es Dir. Ich bin sicher, Du wirst daraus ein schönes Clubhaus machen.“55
Der Traum wurde für Siedhoff zur Wirklichkeit. Dr. Ewald Gast beurkundete notariell den Kauf des Anwesens. Ein großer Umbau für das zukünftige Clubhaus mit Veranda und Fremdenzimmer war notwendig. Engelbert Knittl übernahm die bauliche Nutzungsänderung nach den Plänen56 eines Münchner Architekten aus der Liebherrstraße.
Ein hauseigener Centercourt mit kleiner Zuschauertribüne befand sich nördlich der „Villa Rosa“, weitere fünf Tennisplätze baute Siedhoff auf Pachtgrund etwas östlicher in Richtung See. Dort befinden sich heute noch die Plätze des TC Würmsee. Eine nördlich vom Tennisplatz in einem ehemaligen Stall gelegene Tennisbar gab dem gesellschaftlichen Zusammensein unter den Tennisspielern eine besondere Note.
Die Atmosphäre des kleinen Sporthotels mit ausgefallener Wohnkultur hatte einen ganz persönlichen Charakter. Dieser Charme und die vielfältigen Möglichkeiten, die in der einzigartigen Umgebung geboten waren, zogen deutsche wie auch internationale Gäste an. Die „Villa Rosa“ wurde zum „Place to be“ in der Tenniswelt. Gern gesehener prominenter Gast auf der Tennisanlage war Gottfried von Cramm, der viel bewunderte Sportsmann und Salonlöwe mit einnehmendem Auftreten. Ebenfalls zählten damals dazu: die damals einzige deutsche Wimbledonsiegerin Cilly Aussem, der blendend aussehende Otto Froitzheim, den viele nur wegen seiner Erscheinung sehen wollten, oder Henner Henkel, der sich zur Erinnerung an das Tennisturnier 1939 für die Gastfreundschaft und die schönen Tage bei Siedhoffs im Clubhaus schriftlich bedankte. Die Männer spielten zu dieser Zeit mit einem Holzschläger in vornehmen langen weißen Hosen und betraten den Platz mit einem eleganten Jackett.
Auch der in Feldafing stationierte amerikanische Soldat General Patton nutzte nach Kriegsende die Anlage und hatte das Vergnügen, mit dem aus dem amerikanischen Exil zurückgekehrten Gottfried von Cramm Tennis zu spielen. Später kamen auf die Tennisanlage der Schauspieler Hans Albers, der Sänger Rudolf Schock, oder die Schauspielerin und Ärztin Marianne Koch, die eine Tennisschülerin von Siedhoff wurde.57
Auszug aus „Häuser erzählen Geschichten: Die Baumeisterfamilie Knittl am Starnberger See (1872-1987)“ von Stefanie Knittl · www.villaknittl.de
55) Alvensleben, Annalie von: Abgehoben, Hamburg, 1998, S. 75f
56) StAM Bpl. Starnberg/Feldafing 1935, Nr. 588
57) Nachlass Siedhoff
Fotonachweis: Georg Siedhoff, Clubanlage – Quelle: Claudia Sack
